Poschinger Weiher

Kennen Sie den Seegarten Unterföhring oder den Unterföhringer See? Nein, ich meine nicht den Feringasee. In den Isarauen versteckt sich ein kleines Gewässer. Hans Pfitzinger (1945–2010) nannte es See für die Seele in der liebenswerten Veröffentlichung Stille Winkel in München. Die Gemeinde Unterföhring bezeichnet es seit 2006 wieder Poschinger Weiher, weil die Bürger eine Umbenennung nicht annahmen. Der Name könnte ein Hinweis auf adeligen Grundbesitz sein. Das ist aber nur eine Vermutung. Tatsachen sind ein See mit einer kleinen Vogelschutzinsel, Anlagen des Erholungsflächenvereins, manchmal gebührenpflichtige Parkplätze, ein Aussichtsberg mit Wanderwegen, eine Gaststätte mit Garten und der Name Poschinger Weiher.

Dieses Gewässer ist für einen See zu klein und einen Weiher zu groß. Es gibt mir nach einer halbstündigen Fahrradfahrt vom Tivoli das Gefühl nicht mehr in der Stadt, sondern auf dem Land zu sein. Das trifft auch zu, weil die Unterföhringer so klug waren, sich ihre Eigenständigkeit zu bewahren. Der wirtschaftliche Erfolg als Standort für Medien und andere Unternehmen gab Ihnen Recht. Bei der Anordnung der 25 Münchner Stadtbezirke und dem Umriss der Landeshauptstadt fällt auf, dass in diesem nordöstlichen Bereich die sehr nahe Gemeinde Unterföhring eigenständig ist.

Zum Poschinger Weiher fahre ich vom Tivoli ohne nennenswerte Berührung mit dem Autoverkehr durch den Englischen Garten zur Sankt-Emmeram-Brücke. Dann geht es auf der östlichen Isarseite weiter bis nach Unterföhring. Der Weg nach der Brücke ist sehr unterschiedlich und nicht so fahrradfreundlich wie im Park. Ein Abschnitt ist geteert, andere Bereiche werden regelmäßig durch Hochwasser geschädigt und sind teilweise nur notdürftig repariert. Wahrscheinlich gibt es für diesen Weg verschiedene Zuständigkeiten, z. B. Stadt, Gemeinde und E.ON. Bei einem Hinweisschild zum Seegarten biegt man mit einer kurzen Mountainbike-Einlage für Geübte ab.

Hier beginnt eine andere Welt als in etlichen Münchner Biergärten. Viele Gäste kennen sich. Überfüllung erlebte ich wegen der 700 Plätze noch nie. Das Publikum ist eine Mischung aus Fahrradfahrern, Spaziergängern, Badegästen sowie Unterföhringern oder Münchnern, die lieber an einem gemütlichen Weiher als am viel besuchten Feringasee sind. Für Automobilisten gibt es genügend Parkplätze. Übrigens ist die einzige Zufahrt von der Straße zwischen Unterföhring und Ismaning eine hervorragende Möglichkeit für eine Polizeikontrolle. In einem mir bekannten Fall führte das nach einer privaten, vielleicht etwas zu lauten, aber fröhlichen, nächtlichen Feier am Weiher zu angemessenen Folgen. Aber das ist schon fast zwanzig Jahre her, und mit dem Fahrrad hat man an der Isar mehrere Wege.

Einmal lernte ich einen Gast kennen, der mir erzählte, dass er vor 70 Jahren hier von seinem Vater das Schwimmen lernte. Sein erstes freies Schwimmen war die Strecke zur Insel und zurück. Diese darf heute wegen Vogelschutz nicht mehr betreten werden. Nach der Mitteilung informierte ich mich über den Poschinger Weiher im Internet. Er ist ein künstlicher See, der nach dem Ersten Weltkrieg durch Kiesabbau für die Dämme des Mittleren-Isar-Kanals angelegt wurde. Auf Nachfrage berichtete mir der Pächter des Seegartens die Besitzverhältnisse der Grundstücke und des Lokals. Diese sind aber so kompliziert, dass ich sie mir nicht merken konnte. Vom November bis zum ersten März ist geschlossen. Ich kann ihn somit heuer nicht mehr nochmal befragen.

Der Seegarten in Unterföhring am Poschinger Weiher war in der Fahrradsaison 2011 meine oft sogar tägliche Einkehr für Fahrradpausen und Zeitungslektüre. Zudem machte ich am Poschinger Weiher mehr als 500 Fotos. Ich freue mich, dass es viele Menschen gibt, die ich im Seegarten vom Sehen her kenne und die vielleicht aus vergleichbaren Vorlieben wie ich dort sind.

Statistische Angaben zum See und Meinungen zur Gastronomie sind sehr einfach im Internet zu finden. Das Onlineangebot des derzeitigen Seegartenpächters ist ebenfalls sehr einfach. Für mich ist das nicht so wichtig. Ich schätze den Weg, die Bewegung, die Lage, die Ruhe, die Fotos, die Zeitungen sowie die kurzen Worte des Grüßens und sich Kennens mit einigen Personen.

Gewöhnungsbedürftig ist das Ausrufen der vorher bestellten Speisen mit einem Megafon. Nach ein paar Besuchen überhört man es und hat Verständnis für die Personalsituation des witterungsabhängigen Betriebs. Selbstbedienung ist in vielen Gartenwirtschaften üblich geworden. Gelegentlich kann die Ansage mit dem Megafon sogar sehr zur Erheiterung beitragen. So hielt ein Bräutigam nach dem Einzug seiner Hochzeitsgesellschaft eine kurze Ansprache und wurde von einem lauten „Zweimal Chicken Wings“ unterbrochen. Nach einer Sekunde der Überraschung applaudierte der ganze Seegarten begeistert.

Bei meinen vielen 2011er-Fahrten zum Poschinger Weiher brauchte ich kein einziges Mal Regenkleidung. Nach der kurzen Einkehr fuhr ich über die Moll-Brücke weiter in den westlichen Isarauen zurück zum Aumeister in Freimann und dann durch den Englischen Garten zum Tivoli. Es war immer eine schöne Runde.

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2 Kommentare

  1. Hallo Josef, da hast Du den Weiher, den ich sehr mag, wieder einmal prima ins Bild bekommen. Da dieser Weiher unser „Haussee“ ist, grade mal 10 Minuten zu Fuss entfernt, war ich früher oft dort. Unser Sohn war noch nicht in der Schule und so lud der Weiher mich und Freundinnen zum Verweilen und tatsächlich manchmal auch zum Schwimmen ein. Auch haben wir oft unterhalb vom Weiher an der Isar unten auf der Kiesbank Kindergeburtstage gefeiert, mit Lagerfeuer und vielen Spielen. Es stimmt, dass die Runde über Aumeister zum Tivoli sehr schön ist und sie macht auch den Kindern großen Spaß.

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