
Inhalt
Die Schreibanlässe
Morgens um halbsechs gönnen sich alle, die es können, gerne noch eine Runde Schlaf. Ich leide aber manchmal unter seniler Bettflucht. Dieses Phänomen ereignet sich, wenn mich Erlebtes vom Vortag im Hirnkastl nicht mehr loslässt und mich am Weiterschlafen hindert. Also geht es rein in die Stützstrümpfe und ran an die Tastatur. Ohne das erstere Hilfsmittel würde ich als Herzpatient nämlich in kurzer Zeit Elefantenfüße am Schreibtisch bekommen.
Aber bleiben wir besser bei den einheimischen Viechern. Was ich im Spätsommer 2023 wieder im Hofbräuhaus erlebt habe, geht auf keine Kuhhaut. Es zwingt mich praktisch zum Schreiben. Zur Bettflucht kommt also die Graphorrhö dazu. Das ist die große Schwester der Logorrhö. Als Gscheidhaferl muss ich mich natürlich mit solchen Fachbegriffen ausdrücken, sonst versteht es ja jeder. Erklärung: In beiden Fällen handelt es sich um eine Durchfallerkrankung, wobei eine das Sprechen und die andere das Schreiben betrifft.
Gestern habe ich noch zu einem Stammtischbruder gesagt, dass es wieder Zeit für neue Geschichten aus dem Hofbräuhaus wird. Das hätte ich nicht tun sollen, weil sie mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen sind. Erzählen kann ich sie niemandem, deshalb muss ich sie im Sinne eines Schreibdurchfalls rauslassen. Da kann ich mich nicht dagegen wehren.
Jetzt sind die Ursachen meiner Krankheiten aufgeschrieben, und ich lege mich wieder hin, um mir doch noch ein wenig Schlaf zu gönnen. Die fünf vorherigen Stunden waren einfach zu wenig für ein zufriedenstellendes Tageswerk. Der Anfang zu neuen Geschichten ist gemacht.
Welche Erlebnisse im Hofbräuhaus ich auswählen werde, ist zunächst gar nicht so wichtig. Ich werde sie sammeln und danach gewichten, was raus muss und mein Schreibbedürfnis befriedigt. Oder soll ich besser schreiben: Was der von mir angenommenen Lesergunst entgegenkommt?
Sollte sich jemand mit dieser Auswahl von Fotos und Texten übergangen fühlen, bitte ich um Nachsicht. Spätestens bei künftig auffälligem Verhalten, bei einer Mitteilung oder bei der nächsten Bettflucht kommt die Person schon noch dran. Außerdem kann sich niemand über die Geschichten aufregen, weil sie mit satirischer Freiheit entstanden sind.
Nachgfragt zu “Woast as scho”
Im Hofbräuhaus sind einige Veränderungen festzustellen, die den regelmäßigen Gästen auffallen. Sie betreffen die Geschichten des Beitrags Woast as scho ausm Hofbräuhaus sind aber auch neueren Datums.

Bei den Reservierungen für einmalig anwesende Gäste am Tisch 35 stellen die Münchner Gäste mittlerweile eine erfreuliche Zurückhaltung fest. Vielleicht begreift das Hofbräuhaus die Sackgasse, wenn nur mehr Touristen kommen. Internationale Krisen mit der Verringerung des Flugverkehrs zeigen, wie wichtig ein Angebot für Einheimische und Münchner Gäste ist.
Der rasende Kellner ist schon einige Zeit nicht mehr gesichtet worden. Wahrscheinlich hat er seine Geschwindigkeit so gesteigert, dass er unsichtbar geworden ist.
Hausgemacht sind die Speisen nach wie vor nicht. Da wird sich wohl so schnell nichts ändern. Bei wöchentlich zwei Mahlzeiten im Hofbräuhaus wünsche ich mir mehr Frische und Abwechslung. Vor Corona gab es ein Tagesgericht.
Die Problematik Feste Kapelle oder Festkapellen wurde wahrgenommen. Bei den Hausmusikanten zeigt sich mittlerweile eine große Vielfalt, die häufig zu neuen Zusammensetzungen und musikalischen Erlebnissen führt. Gastkapellen nehmen zu.
Der Internetauftritt wurde formal aktualisiert, inhaltlich gestrafft und insgesamt technisch modernisiert. Die neuen Veranstaltungen und Termine sind aktuell und meist zutreffend. Eine Speisekarte wird nach wie vor nicht angeboten. Offensichtlich hat das Hofbräuhaus etwas zu verheimlichen.

Die Pandemiefolge mit dem gehängten Engel Aloisius wird wohl als Long Covid erhalten bleiben. Es ist verwunderlich, dass noch kein Burschenverein auf die Idee gekommen ist, das kitschige Pappmaché-Monster anstatt eines Maibaums vorübergehend zu entwenden. Die Brauerei würde sich beim Auslösen wegen der gelungenen Gaudi und der weltweiten Werbung bestimmt sehr großzügig zeigen.
Das Gifthaferl Dablecka hat ein vorläufiges Ende gefunden. Der Gast verzichtet nämlich auf einen Platz am Münchner Tisch, nachdem er mit der Bemerkung abgewiesen worden ist: „Da kannt ebba kemma, den du ned mogst.“
Neues vom Gscheidhaferl
Das Gscheidhaferl treibt nach wie vor sein Unwesen und hat gleich drei Anregungen. Die Erste ist auf den ersten Blick kaum wahrzunehmen, betrifft aber einen wichtigen Stammgast, den Radl-Woife. Jedes Mal beschwert er sich über die fehlende Uhr in der hohen Schwemme, weil er nicht mehr unauffällig auf sie schauen kann. Sein Eheleben ist nämlich gefährdet, wenn er zu spät nach Hause kommt. Die Ehefrau legt auf einen pünktlichen Beginn des Abendessens Wert. Deshalb bittet das Gscheidhaferl die Verantwortlichen im Hofbräuhaus dringend, die Uhr in der hohen Schwemme wieder aufzuhängen.
Nach dieser uneigennützigen Bitte beschwert sich das Gescheidhaferl für den eigenen Vorteil. Schließlich ist er ein Geizkragen und weigert sich, einen Mobilfunkvertrag abzuschließen. Seine Internetangebot und die HB-Fotos in der Cloud will er jedoch schon herzeigen. Das war bislang mit dem WLAN des Hofbräuhauses problemlos möglich. Dieses funktioniert jedoch seit einiger Zeit nicht mehr, wäre aber sicherlich mit geringem Aufwand wieder bereitzustellen.
Großes Verständnis hat das Gscheidhaferl für die erneute Bierpreiserhöhung rechtzeitig zur WirtshausWiesn 2023. In diesem Jubeljahr wird der Bierpreis nicht nur im Frühjahr, sondern auch im Herbst erhöht. Alle Gäste freuen sich, dass das bayerische Nationalgetränk der Brauerei Staatliches Hofbräuhaus in München noch wertvoller geworden ist. Endlich macht den Freistaat Bayern etwas Sinnvolles für seine Bürger. Er nimmt nämlich mehr Geld von den Touristen zur Förderung der eigenen Interessen. Leider wird aber übersehen, dass eigene Staatsbürger von dieser Förderung auch betroffen sind.
Der Maßkrugwanderer
Betritt eine Katze einen Raum, sucht sie sich sofort einen Platz mit dem besten Überblick, läuft nicht herum und bleibt dort sitzen. David Beckham saß am Katzenplatz in der hohen Schwemme. Ich erkannte ihn nicht gleich, weil er seine Flaggen-Jacke nicht anhatte.
Nach meinem Dazusetzen fragte ich ihn, ob wir uns nicht kennen. Gleich nannte er meinen Namen, und mir fiel auch sofort der Name des berühmten Fußballers wieder ein. Gesehen hatte ich David seit 2019 nicht mehr, aber er zeigte mir stolz meine E-Mails des Tivolifoto-Newsletters auf seinem Handy.
Bald setzte sich eine Stammtischschwester uns gegenüber. David war offensichtlich schon länger am Tisch und bestellte sich die zweite Maß, obwohl er die erste nicht ausgetrunken hatte. Die Noagal-Maß blieb am Tisch, weil sie der Kellner nicht gleich abgeräumt hatte. Beim Bier ist der Geschmack des Noagals meist abgestanden, ohne Schaum und nicht mehr besonders angenehm.
Das Noagal [noàgàl] ist im Bairischen der zur Neige gehender Rest
eines Getränks in Glas, Krug oder Flasche.
Als unerfreulich beobachtet man in der Schwemme des Hofbräuhauses auch eine Besonderheit, die ich als Maßkrugwandern bezeichne. Dabei verlassen Gäste ihren Tisch und suchen sich mit einem Maßkrug in der Hand einen neuen Platz. Dafür besteht ein gewisses Verständnis, wenn es beispielsweise im Biergarten zu regnen anfängt und nach einem Platz im Trockenen Ausschau gehalten wird.
Andere in meinen Augen eher fragwürdige Gründe für das Maßkrugwandern sind z. B.
- der unnötige Wechsel der Tischgesellschaft
- eine größere Nähe zur Musikbühne
- das Rumgschafteln an mehreren Tischen
- Anbandelversuche mit dem anderen Geschlecht
- die Suche nach Tischen mit der größeren Stimmung oder Gaudi
Besonders amerikanische Touristen vergessen, dass sie nicht in einer Bar mit Tresen und Stehtischen, sondern ein einem bayerischen Wirtshaus sind. Darin sitzt man nämlich und läuft nicht unnötig herum. Ausnahmen sind vielleicht das Fotografieren der Musikanten und ganz bestimmt der Gang zur Toilette. Dazu lässt man seinen Maßkrug aber auf dem Tisch stehen. Etliche Touristen erlauben sich hingegen Verhaltensweisen, die sie sich zuhause nicht trauen würden oder erlauben dürften. Dazu gehört auch das Maßkrugwandern.
Dessen Gründe sind genauso zweifelhaft wie das idiotische Maßkrugklopfen. Dagegen ist die Wanderschaft jedoch harmlos und nicht störend. Außer der Maßkrug wird auf einem Tisch abgestellt, an den er nicht hingehört. Dann nimmt man nämlich den anwesenden Gästen Tischfläche weg und macht dem Kellner zusätzliche Arbeit. Wird höflich um die vorübergehende Erlaubnis gebeten, stimmt man zu. Nimmt sich aber jemand die Freiheit, den Maßkrug ohne Worte abzustellen und die anwesenden Gäste keines Blickes zu würdigen, sind die Folgen unabsehbar.
So hat die Stammtischschwester einen dermaßen abgestellten halbvollen Maßkrug einfach etwas weiter weggeschoben. Ich lachte und zeigte auf die Noagal-Maß vom David. Sie verstand sofort und bewegte das Noagal an die Stelle des vorher abgestellten Maßkrugs. Gespannt warteten wir, was passieren wird.
Jetzt war auch zu beobachten, warum der unhöfliche Gast den Maßkrug auf unseren Tisch gestellt hatte. Er brauchte nämlich beide Hände, um im Streit mit einer Frau wild zu gestikulieren. Auf einmal drehte er sich um, nahm die Noagal-Maß vom David und verschwand mit der Frau in der niederen Schwemme.
Gerne hätten wir ihm den richtigen Maßkrug gegeben und ihn über seinen Irrtum aufgeklärt, aber wiedergekommen ist er nicht. Aus dem Maßkrugwanderer ist jetzt ein Noagalzuzla geworden.
Eine Person, die Getränkereste aus fremden Gläsern trinkt,
wird im Bairischen als Noagalzuzla [noàgàlzuzlà] bezeichnet.
Die ganze Angelegenheit gefiel sogar dem vierten am Tisch anwesenden Gast, der sich bislang nur als Platzversitzer von der Tischgemeinschaft abgrenzte. Auf einmal hat er mit uns gelacht und seinen Maßkrug zum Anstoßen erhoben. Selbstverständlich begannen die Obermüller Musikanten gleichzeitig mit einem schneidigen Prosit der Gemütlichkeit.
Der Oberschlaukellner
Unser Sprachstandard kennt den Oberschlaumeier und den Oberschlauberger, nicht aber den Oberschlaukellner. Nicht einmal Google findet eine Übereinstimmung mit diesem Wort. Das führte natürlich zu Beschwerden der gastromischen Berufsverbände bei der Duden-Redaktion und dem Technologieunternehmen. Deshalb baten mich die Sprachhüter und der Technikriese, diesen Mangel zu beseitigen.
Gleich fing ich an, wahre Begebenheiten aus dem Hofbräuhaus aufzuschreiben, die den Begriff in den Sprachschatz einführen. Ich stellte fest: Ist ein Kellner schlau und tüchtig, wird er vielleicht zum Oberkellner befördert. Wenn er jedoch oberschlau ist, dann bleibt er bei einfachen Arbeiten. Diese sind aber gar nicht so einfach, weil man sehr viel falsch machen kann.
Alle Gäste dürfen beispielsweise nicht so bedient werden, als ob sie nur einmal kommen würden. Es soll nämlich im Hofbräuhaus auch Gäste geben, die mehrfach in der Woche kommen. Das berühmte Wirtshaus wirbt sogar mit diesen und nennt sie Stammgäste. Sie sind eigentlich für Kellner leicht zu erkennen, weil sie zu bestimmten Zeiten an bestimmten Tischen sitzen.

So ist es auch bei dem Münchner Tisch 35, der vor der Kassenumstellung 49 hieß. Die Rechnung weist aber fälschlicherweise den Tisch 33 aus. Außerdem musste ich dem Kellner vor der Rechnungsstellung mitteilen, was er serviert hatte. Das alles sprach für den verhältnismäßig neuen Arbeitsplatz des oberschlauen Kellners.
Die Servicetätigkeit führte er zunächst unauffällig aus, bis ich bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Anfänglich fiel es mir gar nicht auf, weil in der Schwemme ein geschäftiges, lautes Treiben herrschte, bei dem Kellner und Gäste zusammenhelfen müssen. Ich nahm ein Bierfilzl, legte es vor mich und erwartete die erste Maß.
Freudestrahlend ging ich natürlich davon aus, dass der Kellner bei seiner Ankunft die Maß auf das Bierfilzl stellt. Nein, er verfehlte das von mir beabsichtigte Ziel um einen halben Meter und verursachte eine große Wasserpfütze auf dem Tisch. Ich nahm die Maß, stellte sie auf den richtigen Platz und beseitigte die Sauerei mit meinem Papiertaschentuch.
Dann kamen die Schweinswürstl. Er stellte sie nicht vor mich auf den Tisch, sondern gab mir den Teller in der Hand mit der Bemerkung, dass die bestellte Brezn sofort kommen würde. Ich war natürlich so überrascht, dass ich den Teller annahm. Erschrocken bemerkte ich, dass er heiß war. Wenigstens hätte er mich warnen können. Für die Übergabe des Tellers in die Hände, hatte ich sogar ein wenig Verständnis, weil mein Platz auf der gegenüberliegenden, unzugänglichen Seite des Tisches war. Später beobachtete ich aber, dass der oberschlaue Kellner auch bei leicht erreichbaren Plätzen in die Hände servierte.
Hungrig begann ich zu essen. Den Breznkorb brachte der Kellner, nachdem ich bereits die Hälfte der Würstl verzehrt hatte. Er stellte ihn sogar auf dem Tisch ab, weil er sah, dass ich mit den Würstl beschäftigt war. Ich blickte auf und bemerkte, dass ihm das Beugen des Oberkörpers über den Tisch und das Ausstrecken des Arms mit dem Korb sichtlich schwerfiel.
Gesättigt und einigermaßen zufrieden mit dem Service schaute ich der oberschlauen Fachkraft weiterhin zu. Ihr Prinzip war mit möglichst geringem körperlichem Einsatz zu arbeiten. Teller, Gläser und Krüge wurden grundsätzlich in die Hand gegeben, statt sie auf dem Tisch zu servieren. So bekam ich auch die zweite Maß in die Hand und musste wenigstens keine Wasserpfütze am Tisch beseitigen.
Im Zeitraum zwischen den Würstl und der zweiten Maß war Hochbetrieb in der Schwemme. Der Kellner versorgte seine Tische in gewohnter Weise, vernachlässigte aber unseren Tisch, obwohl er ständig verbeigehen musste. Er schaute in andere Richtungen, überhörte Zurufe und nahm von uns keine Bestellungen an. Die vielen einmalig anwesenden Touristen waren ihm also wichtiger als wir regelmäßigen Münchner Gäste.
Das bin ich aber von vielen neuen Kellnern im Hofbräuhaus gewohnt. Vor Corona gab es Stammkellner, die mit den sogenannten Stammgästen harmonierten. Danach kam es zu einem Durcheinander bei beiden Personengruppen. Man hat sich daran gewöhnt und so nahm ich auch die dritte Maß in die Hand gereicht, wobei der oberschlaue Kellner den Vorteil des Henkels für sich beanspruchte.
Bei einer frischen Maß stoßt man natürlich mit den anderen Tischgästen an. Es befanden sich immerhin acht Personen am Tisch. Nach dem gemeinsamen Prosit wurde das Tischgespräch auf einmal durch ein plötzliches Tischrücken unterbrochen. Mein Maßkrug befand sich danach etwa zwanzig Zentimeter neben mir. Das gefiel ihm und den vielen anderen Trinkgefäßen aber gar nicht.
Was war geschehen? Zuerst einmal musste ich die Schrecksekunde abwarten. Dann sah ich den Hintern des oberschlauen Kellners an unserem Tisch kleben. Ich dachte natürlich, dass er den Tisch einfach mit seinem Allerwertesten verschoben hatte. Wir waren so überrascht wegen dieser unerwarteten Tischbewegung, dass niemand etwas sagen konnte. Geschwind hatte der Kellner seine Teller abgestellt und war verschwunden. Wir schoben unseren Tisch in die ursprüngliche Position zurück. Gottseidank gab es keine Scherben oder irgendwelche Verletzungen.
Danach klärte mich mein Tischnachbar mit der besseren Beobachtungsmöglichkeit auf. Der oberschlaue Kellner hatte auf dem Nachbartisch zu wenig Platz, um ein Tablett mit Speisen abzustellen. Deshalb drehte er sich blitzschnell um und schob unseren Tisch ohne Ankündigung mit den Händen weiter vom Nachbartisch weg.
Die Folgen für den Kellner waren das Ausbleiben von Trinkgeld, die Beschwerde über sein oberschlaues Verhalten und diese Geschichte. Immerhin hat er nach meiner Kritik irgendwas von Entschuldigung gefaselt. Ich habe mich über diesen nachlässigen Service und die Zumutung des Tischrückens nur künstlich aufgeregt, aber sofort an einen neuen Beitrag aus dem Hofbräuhaus gedacht.
Zwei Wochen später hat der Oberschlaukellner wieder unseren Tisch bedient. Es war fast nicht zu glauben, wie schnell er gelernt hatte. Die Maß servierte er auf dem Bierfilzl. Würstl und Brezn kamen gleichzeitig und auf dem Tisch abgestellt. Er hat uns nicht mehr übersehen und ein angemessenes Trinkgeld bekommen. Jetzt glaube ich, dass aus dem oberschlauen Kellner mindestens ein Ober, wenn nicht gar ein Geschäftsführer wird.
Der Trachtenpreiß
Woran erkennt man einen Preußen im Bayern? Natürlich an dem, was er für ein uriges, grüabiges [üa], boarisches [oa] Trachtengwand hält. Dazu gab es früher Postkarten mit Karikaturen und witzigen Sprüchen. Preußen im Gebirge wurden mit Kniebundhose, Karohemd, Janker, Feldstecher und Tiroler Hut gezeichnet. Fürs Hofbräuhaus musste es natürlich ein Hut mit Gamsbart, eine Lederhose, ein HB-Maßkrug und eine dralle Kellnerin sein.

Letztere wurde mittlerweile von den Grünen verboten. Die Maßkrüge der Stammgäste blieben traditionell. Hüte hat man mit Ansteckern aufgebrezelt oder aufgemotzt. Ein Wirtshaus- oder Hofbräuhaus-Trachtler hat also viel Metall am Hut, z. B. Pins, Sticker, Buttons mit Fotos, Hornschnitzereien, Tierfedern. Die Themen der Abzeichen sind Brauereien, Sportvereine, Wappen, Orte usw. Gelegentlich werden solche selbstgewählten Auszeichnungen auch auf der Westenbrust getragen. Der offizielle Fanshop des Hofbräuhauses zeigt sein reichhaltiges Angebot auch im Internet.

Die Träger drücken damit ihre Verbundenheit mit Land, Volk, Kultur und Politik in Bayern aus. Ludwig II. wird neben Franz Josef Strauß platziert. Gegensätze werden großzügig übersehen, weil sie sich ja bekanntlich anziehen. Stolz präsentiert man Heimat und Bayerische Nation am Kopf oder auf der Brust. Da können schon mal mehr als ein Kilogramm oder Tausend Euro zusammenkommen. Was natürlich als Behauptung oder zum Tragen eine Übertreibung ist. Das Ganze wird aber mit Würde präsentiert – so wie die Orden beim Militär. Schließlich hat man die schwere Dekoration für Heldentaten im Wirtshaus, im Gebirge und am Souvenirstand erworben.

Wer sich dermaßen selbst auszeichnet, ist jedoch nicht gleich ein Trachtenpreiß. So ein Kopfschmuck ziert zunächst einmal die Wirtshaustrachtler. Diese Würdenträger sind von Haus aus keine Preißn, sondern in der Regel liebenswerte, verspielte und einheimische Bayern. Was wäre aber eine Regel ohne Ausnahmen? Schließlich leben wir ja im Zeitalter der Verpreußung vom Wirtshaus.
Trachtenpreißn sind Ausnahmen unter den Wirtshaustrachtlern
Einige Preußen betrachten Bayern als Beuteland, stehlen Geld nach Berlin und wollen die bayerische Kulturtradition vereinnahmen oder übernehmen. Dazu tragen sie im Hofbräuhaus und in anderen Wirtshäusern der Innenstadt ein Trachtengwand mit Stilelementen, die sie für typisch bayrisch halten.
Die regionale Bestimmtheit und Zugehörigkeit der Kleidung ist dem Trachtenpreißn egal. Elemente aus den Gebirgstrachten, Volkstrachten und dem Bürgergwand werden vermischt. Heraus kommt so etwas wie eine Angermaier-Tracht, über die man sich streiten kann.
Selbstverständlich gehört so ein Trachtenpreiß zu keinem heimischen Trachtenverein. Die würden ihn gar nicht als Mitglied aufnehmen. Er ist vielmehr ein Wirtshaustrachtler, Volksfesttrachtler, Wiesntrachtler und neuerdings auch ein WirtshausWiesnTrachtler.
Seine bevorzugten Reviere sind der internationale Trachtenfasching Oktoberfest, die Touristenhochburg Hofbräuhaus und die traditionellen Münchner Wirtshäuser.
Bei der fragwürdigen Wirtshaus Wiesn mutieren plötzlich jede Menge von ansonsten unbescholtenen Menschen zu Trachtenpreißn. Die Schwemme des Hofbräuhauses wird als Ersatz für ein Wiesnzelt angesehen und zur Hochburg des Preißn-Faschings erklärt. Die Ausrüstung für Trachtenpreißn kauft man in saisonalen Billigläden oder direkt auf der Wiesn und stellt damit denselben Unfug im Hofbräuhaus an.
Trachtenpreißn sind keine Vereinstrachtler
Gegenüber solchen Auswüchsen zur Wiesnzeit ist der Anblick des gemeinen Trachtenpreißn mit dem Durcheinander beim Gwand und dem schwer dekorierten Hut harmlos. Schlimmer ist aber sein körperlicher Ausdruck im Hofbräuhaus. Er thront wie der Preußenkaiser bei der Krönung und präsentiert sich wie ein Fotomodell. Gönnerhaft gewährt er Audienzen für Touristen zum Fotografieren. Sein Trinkkrug ist natürlich kein traditioneller, klassischer HB-Maßkrug, sondern ein Zierkrug, der sich eigentlich nur zum Anschauen eignet – so wie die Souvenir-Krüge auf dem Wohnzimmerschrank der Großeltern und in den Schaufenstern mit Bayernkitsch.
Vorsicht, es kommt noch schlimmer! Auch ein Münchner oder Bayer kann nämlich als Preiß beschimpft werden. Ein Preiß ist man schließlich nicht durch Geburt, sondern durch Verhalten. Am Hofbräuhaustisch heißt das natürlich Gesprächsverhalten. Da lässt er endlich seinen Machtanspruch raus, bestimmt das Gesprächsthema und weiß alles besser. Wird er nicht angesprochen, fällt er ins Wort.
Bayern können auch Trachtenpreißn sein
In allen Münchner Traditionsgaststätten hat er einen Stammtisch, kennt alle Wirte persönlich und weiß über das dortige Angebot an bayerischen Spezialitäten genauestens Bescheid. Man wundert sich, ob er bei so viel Wirtshausbesuchen jemals einer Erwerbstätigkeit nachgehen konnte oder kann. Wahrscheinlich sind seine Wirtshausgeschichten nur Angeberei, Lügen oder er kennt jemanden, der sie ihm erzählt hat.
Jetzt funktionieren die Buschtrommeln der Münchner Gäste im Hofbräuhaus aber ganz gut. Schnell tratscht man ein Fehlverhalten weiter. Das Trachtengwand wird als Maskerade entlarvt und markiert den Lügenpreißn. Stammtische lehnen ihn ab. Also beginnt er, sich alleine breit zu machen. Dazu hat er den Münchner Tisch entdeckt.
An Wochentagen ohne die Anwesenheit von Münchner Gästen ist das kein Problem. Es kommen aber auch regelmäßige Gäste an anderen Tagen, die sich gerne an diesen Tisch dazusetzten würden. Diese kennt jedoch der Trachtenpreiß nicht. So musste es zu seiner größten Schandtat kommen. Er hat jemand trotz freier Plätze abgewiesen. Ein Beobachter von der benachbarten Musikkapelle musste ihn kritisch befragen und über seine Dummheit belehren.
Auch für einen Trachtenpreißn gilt: Wer über die Plätze am Münchner Tisch bestimmen will, sollte die regelmäßigen Münchner Gäste in der Schwemme kennen. Das Abweisen ist eine sehr sensible Angelegenheit, egal wer noch kommt oder kommen könnte.
Trachtenpreißn sind Platzversitzer
Wer sich mit dieser Beschreibung als Trachtenpreiß angesprochen fühlt, entscheidet selbst, ob er sich weiterhin am Münchner Tisch platzieren will. Es kann ihm nämlich passieren, dass regelmäßige Münchner Gäste für ihn auch keinen Platz haben. Wer will schon mit so einem Trachtenpreißn zusammensitzen? Da lässt man doch lieber Menschen mit ostasiatischer Herkunft dazusetzen. Mit solchen kann man manchmal sogar trotz der Sprachschwierigkeiten eine Gaudi haben.
Der Platzhirsch
Man glaubt es nicht, wer oder was sich alles Platzhirsch nennt. Das geht von unzähligen Gastronomiebetrieben bis zu einzelnen Feuerwerkskörpern, wobei letztere eher platzen und nicht so sehr mit einem Platz zu tun haben. In diesem Beitrag ist mit dem Platz wieder der Münchner Tisch im Hofbräuhaus gemeint, an dem sich ein bestimmter Gast häufig platziert.
Als Autor dieser Tivoligeschichte habe ich mit ihm nur die Gemeinsamkeit, auch gern dort zu sitzen. Ich kenne ihn gut und weiß, dass er sich gar nicht so ernst und wichtig nimmt. Manchmal kann er sogar ein richtiger Hirsch sein – ein Platzhirsch eben, der natürlich auch röhrt, wenn es sein muss. Gelegentlich versorgt er die Tischgemeinschaft mit Kleinigkeiten für das leibliche Wohlbefinden. Geschickt und einvernehmlich fördert er das Dazusetzen am Tisch oder das Gegenteil.
Dabei ist unser Hirsch nur ein harmloses Herdentier, kein raubtierischer Rudelführer. Eigentlich kann der Platzhirsch gar nichts dafür, ein solcher zu sein. Die anderen haben ihn dazu gemacht, weil er nach Corona auf einmal der Älteste am Tisch war. Deshalb wurde er praktisch in die Rolle des Platzhirschs gedrängt. Vermutlich taugt ihm das gar nicht. Bestimmt wäre er lieber ein einfacher Gast. Imponiergehabe und Machtansprüche liegen ihm nämlich fern. Er ist lieber zurückhaltend, kann sich gut über sich selbst lustig machen und schnell für etwas begeistern.

Beispielsweise genießt er die Blasmusik der Obermüller Musikanten. Deshalb befindet sich der Tisch bei der Musikbühne in der hohen Schwemme des Hofbräuhauses. Unser Tisch hat den Vorteil und den Nachteil, dass die Plätze an ihm sehr beliebt, aber begrenzt sind.
Es wäre einfach, den Tisch an bestimmten Tagen als Stammtisch zu reservieren. Ein solcher bräuchte jedoch verlässlich und gleichzeitig anwesende Stammgäste. Diese Freiheitsbeschränkungen will unsere Tischrunde aber nicht eingehen. Alle kommen, wenn und wann sie wollen.
Deshalb sorgt der Platzhirsch dafür, dass jeder nach und nach Platz findet. Dazu kommt er einfach eine Stunde vor Musikbeginn und setzt sich zwischen die Gäste am Tisch. Diese haben meist vielfältige touristische Verpflichtungen und stellen bald ihre Plätze zur Verfügung.
Danach beginnt das Platzfreihalten. Zur Freude des Platzhirschs unterstützt ihn eine Stammtischschwester, indem sie vor dem Musikbeginn eintrifft. Danach wäre das alleinige Freihalten wegen des großen Andrangs bei der Musikbühne nicht mehr möglich. Das Revier kann also nur für kurze Zeit verteidigt werden.
Verständlicherweise befindet sich der Platzhirsch in einer Stresssituation, weil er nicht weiß, wer wann kommt. Um dem abzuhelfen, wurde eine WhatsApp-Gruppe eingerichtet. Diese hat sich aber nicht bewährt, weil nicht alle regelmäßigen Tischgäste daran teilnahmen. Etliche bestanden weiterhin auf die uneingeschränkte, wertvolle Freiheit des Dazusetzens. An unserem Tisch funktioniert sie besser als die Pflichten einer Reservierung. Außerdem stelle ich fest, dass die Unregelmäßigkeit der Tischgäste und das Zusammensein mit neuen Gästen eine große Bereicherung sein kann.

Fragen vorbeigehende Gäste die bereits Platzierten nach freien Plätzen, werden sie an den Platzhirsch verwiesen. Man bittet ihn, über das Dazusetzen oder Abweisen zu entscheiden. Das erfolgt meist schnell und einvernehmlich. Setzt sich am anderen Tischende jemand dazu, ohne zu grüßen und zu fragen, weist er die Personen ab. Für solche Formen der Höflichkeit braucht man nämlich nicht einmal Sprachkenntnisse. Sie sind mit Mimik, Gestik und in allen Sprachen verständlich.
Die Chefs des Platzhirschs sind die Kellner und Oberkellner. Deren Platzanweisungen haben Vorrang, wobei sie aber den Platzbedarf der noch kommenden Münchner Gäste respektieren. Gelegentlich fragen Musikanten, ob ein Platz für einen Kollegen möglich sei, was gerne erfüllt wird. Auch Servicekräfte haben schon öfter einzelne Gäste am Tisch platziert.
Unangenehm wird es für den Platzhirsch, wenn er jemanden bitten muss, in der Schwemme künftig einen anderen Tisch zu wählen, z. B. wegen Verhaltensauffälligkeiten wie Maßkrugklopfen, auf Bänke steigen, Schläfrigkeit am Tisch. Solche Gäste waren meist schon vor ihm am Tisch gesessen.
Die natürlichen Feinde des Platzhirschs sind Preißn, Maßkrugwanderer, Mausdoudschmatza und Platzversitzer. Erstere haben häufig einen unangemessenen Machtanspruch. Wer mit dem Maßkrug in der Hand einen freien Platz sucht, hat vorher schon einen gehabt und diesen aus fragwürdigen Gründen verlassen. Bei Mausdoudschmatzan muas ma im Todesfall s’Mei extra daschlong. Platzversitzer sind Personen, die einen Platz einnehmen, sich aber von der Tischgemeinschaft abgrenzen.
Bei den vielfältigen Tätigkeiten kann der Platzhirsch auf umfangreiche Erfahrungen zugreifen. Schon um die Jahrtausendwende war er ein gelegentlicher Dazusetzer an diesem Tisch, der immer den Münchnern gehörte. Damals hat sich das Hofbräuhaus noch um einheimische Gäste bemüht. Dann kam der Ausbau zur Touristenhochburg mit Küchenauslagerung, Massenabfertigung und Umsatzsteigerung. Die Herkunft der Gäste wurde egal. Immerhin achtete man darauf, die Tische mit regelmäßigen Münchner Gästen nicht für einmalig Anwesende zu reservieren.

In den Jahren 2000 bis 2006 begann der Platzhirsch mit Besuchen im Hofbräuhaus, die fotografisch dokumentiert sind. Es folgten eine zehnjährige Pause und erneute Besuche wegen fotografischer Aktivitäten. Dabei kam es in seltenen Fällen vor, dass er der einzige Münchner am Tisch war. Der ehemalige Kellner Thomas Barisic fragte ihn immer, wieviel und wann die anderen Münchner kommen. Er konnte nicht antworten, lernte aber bald die regelmäßigen Münchner Gäste kennen, mit denen eine Tischgemeinschaft entstand.

Anfänglich saß er häufig bei der bereits verstorbenen Löffel Gabi. Sie beherrschte den besagten Tisch am Wochenende mit Reservierungen. Dabei wurde sie vielseitig geschätzt. Einzelne bezeichneten sie aber scherzhaft als Klapperschlange. Jedenfalls konnte der Platzhirsch die Platzstrategien bei der Löffel Gabi beobachten. Sie hat ihre Reservierungen beibehalten, auch wenn sie vom ehemaligen Stammtisch nur mehr die Einzige war.

Die Münchner Tischgemeinschaft wurde leider nach der Coronapandemie manchmal behindert. Das Reservierungsbüro belegte den langjährigen Münchner Tisch mit einmaligen Reservierungsgästen. Kellner und Oberkellner mussten sich fügen oder schufen einvernehmliche Lösungen. Mittlerweile ist der Tisch wieder in Münchner Händen. Es gibt drei Tage mit Reservierungen von einheimischen Gästen, zwei Tage mit dem Dazusetzen der Münchner und die zwei Tage des Wochenendes.
Im Lauf der Jahre erfüllt der Platzhirsch die ihm zugewiesenen Aufgaben als Senior. Dabei beansprucht er keinen bestimmten Platz, sondern nur die Bankreihe am Ende der hohen Schwemme. Sie ist etwas höher als die gegenüberliegenden Bänke, entspricht seiner Körpergröße und den Bandscheibenproblemen. Der Panoramablick ist möglich. Das Wichtigste ist aber nach wie vor die Nähe zu Musikbühne. Aus der war ja seine Platzwahl entstanden, weil er gerne Musik hörte und Musikanten fotografierte.
Jetzt ist das mit dem Platzhirsch so eine Sache. Als Autor der Geschichte rate ich ihm immer, seinen Platz und die unfreiwilligen Tätigkeiten nicht so wichtig zu nehmen, was ihm aber selbst bewusst ist. Für die scherzhafte Tierbezeichnung hat er Verständnis, auch wenn man bei ihr nicht genau weiß, ob sie positiv oder negativ gemeint ist.
Im Hofbräuhaus ist so ein Platzhirsch eine gefährdetet Art, weil ihm viele seinen Platz wegnehmen wollen. Dazu braucht man nur in größerer Anzahl vor ihm seinen Tisch einzunehmen oder diesen gleich reservieren zu lassen. Solche feindlichen Übernahmen sind schon mehrfach passiert. An einen anderen Tisch setzt er sich aber nur in Notfällen. Lieber verzichtet er ganz auf den Hofbräuhausbesuch und schwört nie mehr wiederzukommen.
Das kann er aber der Münchner Tischgemeinschaft nicht antun – besonders den Damen. Schließlich glaubt er, sie vor den wilden Tieren beschützen zu müssen. Es soll nämlich trotz Gleichstellung immer noch Damen geben, die nicht ohne Anwesenheit von ihnen bekannten Herren ins Hofbräuhaus gehen würden. Junge Touristinnen haben damit übrigens keine Probleme. Großzügig übersieht der Platzhirsch sein Alter und die Durchsetzungsfähigkeit aller Damen.

Früher war das Hofbräuhaus vielleicht mehr ein Männerhaus. Der Tourismus hat es auch zum Frauen-, Kinder- und Hundehaus gemacht, wobei viele Übertreibungen zu beobachten sind. Besonders bei Kindern ist häufig festzustellen, dass sie lieber anderswo wären. Viele junge Familien wollen aber nicht auf die fragwürdigen Segnungen des Tourismus verzichten. Insgesamt ist das Hofbräuhaus ein Haus der internationalen Jugend geworden. Das gefällt dem alten Platzhirsch. Verständnisvoll beobachtet er, wie die jungen Leute zueinander finden.
Mir gegenüber hat der Senior schon geklagt, dass er mit dem Schicksal Platzhirsch zu sein, nicht immer zufrieden sei. Gerne wäre er ein gewöhnlicher Gast. Traurig bemerkte er, dass sich die Münchner Tischgemeinschaft ohnehin verkleinere. Wahrscheinlich wird sie dasselbe Schicksal wie so viele Stammtische ereilen: irgendwann keine mehr zu sein. Alle haben ja sowieso immer behauptet, keinen Stammtisch zu wollen.
Zu guter Letzt stellte der Platzhirsch schmunzelnd fest, dass man ein solcher auch alleine sein könne, aber schöner sei es schon in bekannter Gesellschaft. Ich fragte ihn, ob es ihm nichts ausmache, als Platzhirsch angesehen zu werden. Jetzt lachte er und erklärte, dass es schlimmere Tierbezeichnungen für Menschen gebe.
So is a hoid da Platzhirsch, da damische
Vorherige Geschichten aus dem Hofbräuhaus im Frühjahr 2023
Woast as scho ausm Hofbräuhaus
Mit dieser Feststellung wird ein wenig über das Hofbräuhaus geratscht. D’Leut wern praktisch ausgricht und a weng auffegschossen. Der Beitrag hat neun Abteilungen der sachlichen, kritischen und heiteren Art. Hauptsächlich geht es um den Vergleich meines Erlebens in der Zeit vor und nach der Pandemie. Außerdem erfährt man, was ein Gifthaferl und ein Gscheidhaferl ist. Ich warne vor dem Umfang der Ratscherei, aber sie gehört einfach zum Wirtshaus dazu.