Das Lehel – die Sankt Anna Vorstadt

Altarbild in der Kapelle des Vincentinums

Die Sankt Anna Vorstadt ist eine alte Bezeichnung für das Lehel, das als erster Stadtteil 1724 in die Kurfürstliche Haupt- und Residenzstadt München eingemeindet wurde. Vorher war die Gegend eine Armensiedlung in einem sumpfigen Auwald mit vielen Isararmen oder Bächen. Man charakterisierte das Lehel als Brettervorstadt, deren Einwohnerzahl aber ständig wuchs. Mit der Grundsteinlegung für den Bau der Sankt Anna Klosterkirche 1727 erhielt der Stadtteil die amtliche Bezeichnung Sankt-Anna-Vorstadt, die sich jedoch in der Bevölkerung nicht durchsetzte. Nach einer Klostergründung erfolgte 1808 die Errichtung der katholischen Pfarrei Sankt Anna im Lehel.

Das obige Beitragsbild stammt aber nicht aus der Pfarrkirche oder der Klosterkirche, sondern aus der herrlichen Kapelle des Vinzentinums, das 1857 als erstes Senioren- und Pflegeheim in München gegründet wurde. Prinzregent Luitpold beauftragte 1901 den bekannten Architekten Gabriel von Seidl mit dem Neubau eines Hauses für pflegebedürftige Adelige und Angehörige des Bürgertums. Dabei entstand der einzige Kirchenraum im nördlichen Teil des Lehels

Viele Bilder der Sankt Anna Vorstadt oder des Lehels aus dem 19. Jahrhundert sind in der Veröffentlichung von Horst Feiler mit dem Titel Das Lehel gesammelt. Eine hervorragende Bildersammlung mit den Gründerzeitbauten des Lehels findet man beim Verein Stadtbild Deutschland.

Der Gewerbeteil des Münchner Stadtadressbuches nennt 1933 bei den Wirtschaften in der Christophstraße 14 eine St. Anna-Vorstadt. An dieser Stelle befindet sich heute das Alten- und Service-Zentrum Lehel. 1976 erhielt das Münchner Rote Kreuz die Genehmigung, die Gebäude an der Ecke Christoph-/St. Anna-Straße und damit die Wirtschaft St. Anna Vorstadt abzureißen, um dafür ein Altersheim zu bauen. Die ehemalige Gaststätte war als Wirtschaft St. Anna-Eck ein Drehort für die Serie Münchner Geschichten des Bayerischen Fernsehens. Dort wurden auch Szenen für den 34. Fernsehfilm der Krimireihe Tatort gedreht. Die Folge hieß Tote brauchen keine Wohnung.

Wikipedia bietet eine Liste der Baudenkmäler im Lehel an, die gänzlich bebildert ist. Die Seite Stadtgeschichte München beinhaltet ein Straßenverzeichnis mit Straßennamen, Jahreszahl der Erstnennung, Postleitzahl, Stadtbezirk, Rubrik, Kategorie der Benennung, geographische Koordinaten, Straßenlänge, Stadtplanauszug und Luftbild. Bei der Stadtgeschichte gibt es auch die Seite Stadtbezirke, wobei der Stadtbezirk 1 Altstadt-Lehel natürlich den Anfang bildet. Unterpunkte bei allen Stadtbezirken sind aktualisierte Veranstaltungen mit Stadtführungen, Literatur, Links, Baudenkmäler, Denkmäler, Kunstwerke, Geschichte, historische Adressen.

Lexikalische Übersichten bieten viele Informationen, oft sagen aber künstlerische und musikalische Beiträge mehr über ein Viertel aus. So ist die Sankt Anna Vorstadt der Titel eines Liedes, das Ludwig Prell für seine Tochter Bally in den 1950er oder 1960er Jahren komponierte. Der Film wurde vermutlich in der Wohnung der Familie Prell an der Münchner Freiheit aufgenommen. Das Bayerische Fernsehen sendete 1993 eine Dokumentation von Sepp Eibl über Bally Prell mit dem Titel Die Schönheitskönigin.

Gemeint sind in dem Lied möglicherweise die ehemalige Wirtschaft in der Christophstraße, das Restaurant Zum Klösterl in der St.-Anna-Straße oder die ehemaligen Altdeutschen Weinstuben im mittleren Lehel. Dort in der Tattenbachstraße befindet sich heute das Wirtshaus und Stüberl Tattenbach. Ich bitte um einen Kommentar oder eine Nachricht, wenn Leserinnen oder Leser dieser Seite das gemeinte Lokal identifizieren können. Mit der Sankt Anna Vorstadt auf Bally Prell zu stoßen, war für mich eine Freude. Mein erstes Fotobuch nannte ich Isarmärchen so wie das berühmte Lied, das Ballys Vater für sie geschrieben hatte. Er bezeichnete seine Tochter übrigens so, weil sie so rund wie ein Ball war.

Man kann sich über diesen Stadtteil in der bereits erwähnten Veröffentlichung des Münchenverlags  von Horst Feiler informieren: Das Lehel – Die älteste Münchner Vorstadt in Geschichte und Gegenwart, 2. überarbeitete Auflage, München 2006. “Der Autor Horst Feiler veröffentlichte die 1. Auflage des Buches schon 1994 unter dem Namen seines Urgroßvaters Lorenz Wandinger, dem er damit eine besondere Ehre erwies. Er selbst wurde 1933 im Lehel geboren, war bis zu seiner Pensionierung Pädagoge und stets mit dem Geschehen seines Viertels eng verbunden.”

Horst Feiler - Das Lehel

Horst Feiler: Das Lehel – Die älteste Münchner Vorstadt in Geschichte und Gegenwart
Umschlagtext: “Die Geschichte des Lehels. Einst die Siedlung der Ärmsten zwischen Stadtmauer und Isar, später die Vorstadt der kleinen Handwerker und Tagelöhner – heute ist das Lehel ein Teil der Münchner Altstadt mit noblen Mietshäusern, öffentlichen Ämtern, Schulen, Museen und prachtvollen Fassaden. Der im Lehel aufgewachsene Autor Horst Feiler beschreibt die Entwicklung und die Wandlung dieses Stadtteils aus verschiedenen Blickwinkeln. Fotos und historische Abbildungen verleihen dem Buch einen besonderen Reiz.”

Lehel - Richard Bauer - Stadtarchiv

Bauer, Richard: Lehel – Zeitreise ins alte München – Herausgegeben vom Stadtarchiv München – 2021 – Bislang unveröffentlichten historischen Fotografien aus dem Stadtarchiv München
“Zahlreiche, hier erstmals veröffentlichte historische Bildzeugnisse belegen diese Metamorphose des Lehels und führen den staunenden „Zeitreisenden“ in eine weithin unbekannte und untergegangene Welt.”

Münchner Stadtkunde - Das Lehel

Wagner, Ludwig: Das Lehel – Die St.-Anna-Vorstadt der Landeshauptstadt Bayerns. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte eines Münchener Stadtteils und bezirksweisen Stadtbeschreibung. Mit 58 Abbildungen. München: Lindner, 1960.
Der Bezirksschulrat a. D. Ludwig Wagner schreibt im Nachwort: “Mit dem vorliegenden Buch soll nicht eine umfassende Geschichte des Lehels geboten werden; deren Darstellung bedarf noch umfangreicher Forschung. Das soll auch der Untertitel ‘Beiträge…’ ausdrücken.”
Der Kauf erfolgte über buchfreund.de beim Chiemgauer Internet Antiquariat.

Oppelt, Chistoph: Das alte Lehel nebst Bogenhausen, Brunnthal, Tivoli und Hirschau in Wort und Bild.

Oppelt, Chistoph: Das alte Lehel nebst Bogenhausen, Brunnthal, Tivoli und Hirschau in Wort und Bild. Vorträge aus der Geschichte der nordöstlichen Stadtteile Münchens. Mit einem Anhange: „Die sanitären Verhältnisse des Lehels einst und jetzt“ von M. Hemmer.Verlag: München, Parteilose Vereinigung München-Nordost 1904.
Das Werk wird antiquarisch angeboten. Es wurde aber auch von der Bayerischen Staatsbibliothek vollständig digitalisiert, ist online zur Ansicht und sogar als PDF zum Download verfügbar. Alle Abbildungen der Veröffentlichung zeigt diese Bildsuche der Bayerischen Staatsbibliothek.

Hans Fischach - Nächste Rosenbusch

Der Turmschreiber und Maler Hans Fischach (1922–2008) beschrieb 1982 das Lehel der zwanziger Jahre in der Veröffentlichung Nächste Rosenbusch der Verlagsanstalt Bayerland Dachau.

Gemeint ist die Rosenbuschstraße im nördlichen Lehel, welche früher Trambahnhaltestelle war. Ich habe mir die zweite Auflage von 1995 als gebrauchtes Buch besorgt. Verständnisvoll und meisterlich erinnert sich Fischach an seine Sichtweisen als Kind vor fünfzig Jahren – ein besonderer Lesegenuss, nicht nur für die Bewohner des nördlichen Lehels.

Hans Pfitzinger - Stille Winkel in München

Stille Winkel in München ist ein Meisterwerk von Hans Pfitzinger (1945–2010). Ich lernte den Autor als Gast im Cafe-Restaurant Paradiso kennen. Die lesens- und liebenswerten stillen Winkel sind nicht nur aus dem Lehel. Sie beschreiben Orte, die alle Tivoli in München sein könnten.

Nagler, Georg Kaspar (1801-1866): Acht Tage in München, 1. bis 16. Auflage von 1834 bis 1888.

Nagler, Georg Kaspar (1801-1866): Acht Tage in München, 1. bis 16. Auflage von 1834 bis 1888. Die 16. Auflage wurde 1888 von Karl Wetzstein neu bearbeitet. Man kann verschiedene Auflagen dieses Titels aus dem 19. Jahrhundert bei Google Books vollständig online ansehen oder ein Nachdruck-Exemplar erwerben. Dies ist auch mit dem Katalog der Bayerischen Staatsbibliothek möglich. Darüber hinaus werden dort einzelne Exemplare zum Download angeboten, wenn man versichert, die Datei ausschließlich für private oder wissenschaftliche Zwecke zu verwenden.

Ansicht und Download: Acht Tage in München. Eine kurzgefaßte Beschreibung der in dieser Hauptstadt befindlichen Sehenswürdigkeiten als unentbehrliches Handbuch für jeden Fremden. Mit xylographischen Vignetten. München. Druck und Verlag von Georg Franz. 1834.

Ansicht: Acht Tage in München. Eine kurzgefaßte Beschreibung der in dieser Hauptstadt befindlichen Sehenswürdigkeiten als unentbehrliches Handbuch für jeden Fremden. Mit xylographischen Vignetten. Dritte sehr vermehrte und vollständig umgearbeitete Auflage. München. Druck und Verlag von Georg Franz. 1841.

Ansicht: Acht Tage in München. Für Reisende jedes Standes. Eine kurze Beschreibung der in dieser Hauptstadt befindlichen Sehenswürdigkeiten. Fünfte ganz umgearbeitete und in alphabetische Folge gebrachte Auflage. Mit einem Plane der Stadt. München. Druck und Verlag von Georg Franz. 1854.

Ansicht: Acht Tage in München. Wegweiser für Fremde und Einheimische. Zweite Abteilung. Kurze Beschreibung der in dieser Hauptstadt befindlichen Sehenswürdigkeiten, öffentlichen Anstalten, Plätze, Straßen u. s. w. nebst Angaben von Ausflügen in die nähere und weitere Umgebung. Zehnte umgearbeitete und vermehrte Auflage von Dr. G. K. Nagler. Mit vielen Vignetten und Plänen. München. Druck und Verlag Georg Franz 1863. (Eine ausführliche Beschreibung des Dianabads befindet sich auf Seite 34. Diese Auflage wurde 1983 in einem Nachdruck veröffentlicht.)

Ansicht: Acht Tage in München. Wegweiser für Fremde und Einheimische. Kurze Beschreibung der in dieser Hauptstadt befindlichen Sehenswürdigkeiten, öffentlichen Anstalten, Plätze, Straßen u. s. w. nebst Angaben von Ausflügen in die nähere und weitere Umgebung. Elfte revidierte und vermehrte Auflage von Dr. G. K. Nagler. Mit vielen Vignetten und Plänen. München, 1867. Gg. Franz’sche Buch- und Kunsthandlung (Eduard Lotzbeck.)

Ansicht: Acht Tage in München.  Illustrirter Führer durch München und seine Umgebung; Mit den vollständigen Katalogen sämmtlicher königl. und Staatssammlungen, dem neuesten Plan der Stadt, des Hoftheaters, sowie 72 Ansichten und als Anhang: Wegweiser zu Ausflügen in die Umgegend nebst 2 Spezialkärtchen (München, 16. Aufl. des von Nagler begründeten Führers, neu bearb. von Karl Wetzstein   1888)

Link zum NordOstMagazin 2018 - Seite 17

NordOstMagazin 2018

Das NordOstMagazin erscheint seit 2004 jährlich mit Unterstützung des Bezirksausschusses des 13. Stadtbezirks München und wird kostenlos verteilt.

Die 2018er Ausgabe beinhaltet unter der Rubrik Historisches: Die Bogenhauser Straße / Am »Tivoli« – von Bogenhausen nach Schwabing.

Autoren dieser besonders kenntnisreichen und umfänglich bebilderten Beiträge sind Karin Bernst und Dr. Willibald Karl.

Welzenbach, Gisela: Die Prinzessin vom Lehel

Welzenbach, Gisela: Die Prinzessin vom Lehel – Erinnerungen einer Münchnerin – BoD 2023
Die lesenswerten und bebilderten Geschichten aus Kindheit und Jugendzeit in der Lerchenfeldstraße und im Viertel waren zunächst in der Abendzeitung München zu finden. Dann folgten zwei der Geschichten in dem Buch Als München noch München war. 2023 heißt es im Umschlagtext: „Gisela, ein echtes Münchner Kindl, wächst im Lehel, dem wohl münchnerischsten Stadtteil Münchens, in bescheidenen Verhältnissen auf. […] ein Ausflug in die Zeit des Wirtschaftswunders, der Hippies, der Olympiade, der Discos, der Fernsehshows, des Minirocks, der Schlaghosen, der fetzigen Faschingsparties und der sexuellen Befreiung“.
Die Autorin hat 2017 über die vielen fragwürdigen Veränderungen im Viertel bei Tivolifoto kommentiert. Die Tivolifoto-Buchbewertung ist hier verlinkt.

Geschichte des Tivoli in München

Wagner, Josef Maria: Geschichte des Tivoli in München – tivolifoto.com 2022

Hinweise

Dieser frühe Beitrag von Tivolifoto wurde Anfang 2012 erarbeitet und bei den Tivoligeschichten in das Seitensystem eingeordnet. In der Zwischenzeit ergaben sich Überschneidungen mit der Seite Tivolibücher.

Weitere Bücher zu Lehel und Tivoli sind mir nicht bekannt. In Zeitungen und Zeitschriften werden aber viele Veränderungen im Viertel dokumentiert, die ich verständlicherweise nicht alle verlinken kann. Natürlich sind Entwicklungen mittlerweile auch in Beiträgen von Tivolifoto festgehalten.

Einladung zu Kommentaren und Grüßen