Aus dem Leben meiner Mutter

Ein Fotoartikel oder ein Fotobuch mit diesem Titel muss nicht alle Lebensbereiche umfassen. Ein angemessener Anspruch beschränkt sich auf die Interessenlage von Verwandten, Freunden und Bekannten sowie auf einfach verfügbares Fotomaterial. Dies habe ich seit meinem Beginn mit der digitalen Fotografie im Jahre 1998. Mit der Scanner-Technik wäre es leicht möglich ein sehr umfangreiches Fotobuch zu erstellen. Das ist aber nicht beabsichtigt. So wie meine Mutter für mich als Kind mit damaligen Mittel ein Fotoalbum anlegte, erstelle ich heute für sie ein Fotobuch mit aktueller Technik.

Mit dem Internet ist es sogar möglich bei geringem Aufwand und leicht erlernbaren Fähigkeiten die ausgewählten Fotos der Weltöffentlichkeit zu präsentieren. Das heißt aber noch lange nicht, dass die Texte und Bilder auch wahrgenommen werden. Mir macht es dennoch Freude, mit meinen Texten und fotografischen Mitteln Beschreibungen und Abbildungen aus meinem Lebensumfeld zu veröffentlichen. Jeder Lebensweg ist ein besonderer. Manche werden beschrieben, andere werden vergessen. Im Internet ist eine Form des Weiterlebens wie mit Texten und Fotos oder mit dem Gedächtnis eines Menschen möglich.

Meine Mutter heißt Aloisia Wagner und ist 81 Jahre alt. Luise wurde am 30. März 1930 als Tochter des Ehepaares Anna und Josef Bauer in Ottmaring geboren. Zwei ältere Schwestern hießen Maria und Anna. Sie gründeten mit ihren Ehemännern die Familien Auer und Kuhnt in Plattling. Mathilde Renner, die dritte Schwester war Angestellte in München. Luise besuchte die Ottmaringer Volksschule und arbeitete seit dem 15. Lebensjahr auf dem elterlichen Anwesen in Ottmaring im Haushalt und in der Landwirtschaft. 1950 heiratete sie Franz Xaver Wagner aus Aicha. Der Wagner Xav war als langjähriger Fleischbeschauer in Ottmaring und Umgebung bekannt.

Der erste Sohn des Ehepaares Wagner ist im Alter von vier Wochen verstorben. 1954 wurde ich geboren. Seit 1975 lebe ich in München. Mein 1960 geborener Bruder Franz ist Plattlinger geworden. Nach 53 Ehejahren verstarb im Jahre 2003 mein Vater im Alter von 74 Jahren.

Im Juni 2006 wurde meiner Mutter ein künstliches Kniegelenk implantiert. Wegen Behandlungsfehlern musste der rechte Oberschenkel amputiert werden. Es folgte ein Aufenthalt in der Fachklinik für Amputationsmedizin Osterhofen. Seit August 2006 wohnt sie im Caritas-Altenheim St. Antonius in Osterhofen. Durch die Behinderung ist sie pflegebedürftig und auf den Rollstuhl angewiesen. Aloisia Wagner wurde zum Mitglied des Heimbeirats gewählt und in dieser Funktion mit dem Bereich der religiösen Belange im Heim beauftragt. Trotz ihrer Behinderung findet sie die Kraft, Mitbewohnerinnen auf Wunsch religiöse oder andere Texte vorzulesen.

Seit dem Umzug nach Osterhofen betreue ich meine Mutter mit Telefonaten, mit der Erledigung aller öffentlichen Belange und mit einem wöchentlichen Besuch im Rahmen einer Bahnfahrt von München nach Osterhofen. Wir besuchen zurzeit meist am Montag örtliche Geschäfte, die Stadtpfarrkirche und ein Cafe. Große Unterstützung findet meine Mutter im Kontakt mit ihrer Cousine Agnes Knott aus Ottmaring und ihrer Nichte Anneliese Ramsauer aus Stefansposching. Meine Mutter empfindet Dank für das Alter, für die Pflege im Caritas-Altenheim, für die Kraft des Glaubens und für die vielen Besuche durch Verwandte, Freunde und Bekannte.

Seit 2006 lernten meine Mutter und ich viele Menschen kennen, die im Bereich der Altenpflege arbeiten. Ihnen möchte ich an dieser Stelle Anerkennung und Dank aussprechen. Ihr Wirken ist in der Öffentlichkeit viel zu wenig bekannt. Auch ich hatte schon vor Jahren beim Vorbeifahren am Caritas-Altenheim kein gutes Gefühl. Ich bekam ein wenig Angst, dass ich vielleicht später als Besucher in dieses Gebäude muss. Heute gehe ich voll Freude in dieses Haus. Es ermöglicht vielen Menschen ein lebenswertes Alter, eine verständnisvolle, liebevolle und fachkundige Pflege und nicht zuletzt den Kontakt mit ihrer gewohnten Umgebung. Man kann hier ein wenig „dahoam bleim“.

Nach einiger Zeit neigt man dazu, Selbstverständliches nicht mehr besonders wahrzunehmen. Ich möchte deshalb hier die Gelegenheit nutzen, für die vielen selbstverständlichen Leistungen in diesem Heim zu danken und die Menschen, die sie erbringen auch besonders zu loben. Bei allem was ich höre, lese und sehe, ist die Welt im Caritas Altenheim Sankt Antonius in Osterhofen in hervorragender Weise durch Lebensfreude und christliche Nächstenliebe geprägt. Und das spürt man, wenn man dieses Haus betritt.

Ich wünsche meiner Mutter Gesundheit und ein langes Leben mit vielen Freuden trotz der Behinderung. Allen Angestellten des Heimes, den Verwandten, Freunden und Bekannten danke ich für Pflege, Hilfen, Besuche und die vielen kleinen Aufmerksamkeiten für meine Mutter.

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Meine Mutter im Jahre 2008

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Die Eltern meiner Mutter waren Anna und Josef Bauer. Anna, geborene Mittermeier stammte aus Probstschwaig in der Gemeinde Aholming. Ihr erster Mann verstarb nach zehnjähriger Ehe an den Folgen eines Kriegsleidens. Die Witwe heiratete dann Josef Bauer, einen Landwirt und Schuhmacher aus Ottmaring. Die Bilder zeigen ihn 1948 und 1950 mit dem Ochsengespann. Er war Kriegsteilnehmer im 1. Weltkrieg. Eine Urkunde dokumentiert die Auszeichnung mit dem Eisernen Kreuz, die Teilnahme an Kämpfen in Frankreich und die Verwundungen. 1950 übergaben die Großeltern meiner Mutter das Anwesen.

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Luise Wagner aus Ottmaring als Kommunionkind, junges Mädchen, junge Frau und im Jahre 1950 als Ehefrau beim Hochzeitsfoto mit Xaver Wagner aus Aicha an der Donau

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Die nachfolgenden Fotos zeigen Ausschnitte aus dem Wohn-, Arbeits- und Lebensbereich meiner Eltern sowie die Vorliebe meines Vaters für Gartenbau und Brieftauben.

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Das war ein besonderes Fest für das Dorf und die gesamte Umgebung. Die Freiwillige Feuerwehr Ottmaring feierte im Jahre 1999 das 125jährige Jubiläum. Festzug, Festgottesdienst und Bierzeltvergnügen prägten die Feier. Meine Mutter nahm als Mitglied des Katholischen Frauenbunds Ottmaring am Festzug teil.

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Feier zum 75. Geburtstag meiner Mutter am 30. März 2005 in der Kulturwirtschaft Ottmaring

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Es war ein Glück, dass bei der durch die Behinderung entstandenen Situation im Jahre 2006 die Wahl des Altenheims auf das Caritas Altenheim Sankt Antonius in Osterhofen fiel – und noch mehr, dass dort auch ein Platz frei war. Meine Mutter hat oft schon vorher gesagt, dass sie im Alter gern in ein Heim gehen würde. Natürlich habe ich das nie ernst genommen, aber jetzt ist es so gekommen. Das Ehepaar Knott organisierte den Umzug, weil ich durch einen Krankenhausaufenthalt verhindert war. Ich musste von München aus die Betreuung übernehmen und mich um das Anwesen in Ottmaring kümmern. Meine Mutter lebte sich schnell ein und fand rasch Kontakte.

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Durch die Behinderung der Mutter und den notwendigen Umzug in das Caritas-Altenheim in Osterhofen musste ich das landwirtschaftliche Anwesen in Ottmaring im Jahre 2007 verkaufen. Ich erstellte die nachfolgende Objektbeschreibung im Internet mit Angaben zu Ausstattung, Lage und Sonstigem.

Das Anwesen besteht aus einem Wohnhaus, einem ehemaligen Stall sowie einer Scheune mit Ein- und Anbauten. Auf dem Grundstück befinden sich im vorderen Teil ein ehemaliges Waschhaus mit Garage sowie im hintern Teil ein ehemaliges Hühnerhaus, ein umzäunter Gemüsegarten und eine Maschinenhalle. Hinter den Gebäuden ist ein gepflegter Obstgarten. Das Wohngebäude ist sofort beziehbar und nicht sanierungsbedürftig. Von den sechs Wohnräumen sind vier mit einer Elektroheizung ausgestattet. Die gesamte Wohnfläche mit Fluren, Badezimmer, WC und Nebenzimmer beträgt fast 200 m². Das Erdgeschoss ist teilweise unterkellert. Das Dachgeschoss ist ein großer Speicherraum mit einem neu gedeckten Dach. Das Anwesen befindet sich in ruhiger Dorflage in dem durch die Kulturwirtschaft bekannten Ottmaring – südlich der Bundesstraße 8 zwischen Plattling und Osterhofen. Durch die Größe des Wohnbereichs und des Grundstücks sowie die Anzahl der Räume in den Nebengebäuden ist das Anwesen vielseitig nutzbar.

Weitere Angaben waren Haustyp Bauernhaus mit sechs Zimmern, 196 m² Wohnfläche, 2378m² Grundstücksfläche, Baujahr 1911, in gepflegtem Zustand, sofort beziehbar. Die Beschreibung beinhaltete meine Fotos, z. B. Wohnhaus an der neuen Straße, Nebengebäude vorne, Eingang zum Wohnbereich, Blumengarten vorne, Lourdes-Grotte, Nebengebäude hinten, Gemüsegarten und Maschinenhalle, Obstgarten, Obsternte und Plan des Grundstücks.

Das Anwesen fand würdige Käufer, die das Lebenswerk meiner Eltern mit dem Erhalt der Gebäude und der Anpassung an eigene Bedürfnisse weiterführen.

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Familiengrabstätte in Ottmaring vor und nach dem Tod meines Vaters Xaver Wagner

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Lourdes-Grotte am ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesen von Aloisia und Xaver Wagner sowie Hauptaltar der Hl.-Johannes-der-Täufer-Kirche in Ottmaring

26 Kommentare

  1. Hallo Josef Maria!
    Ich bastle gerade eine Ahnentafel für die Anneliese und dein Büchlein hat mir ein bisserl weitergeholfen Geburts- und Sterbedaten zu finden. Danke dafür.
    Viele Grüße aus Passau von Anton

    • Lieber Anton,
      ich freue mich, hier von Dir zu lesen, und danke auch. Der Beitrag ist bislang 1224 Mal aufgerufen worden, und ich bekomme nur selten eine Rückmeldung. Mit besten Gesundheitswünschen sende ich herzliche Grüße vom Münchner Tivoli nach Passau,
      Sepp

  2. Lieber Josef,

    eine berührende Chronik – für mich auch insofern, als meine mütterliche Linie in Niederbayern dahoam war und man mir während meines Lebens in München immer wieder sagte, dass man diesen Ursprung hört. Warum auch nicht?

    Liebe Grüße
    Marion

    • Liebe Zwoavomwoid, jetzt seit Ihr aber in die Tiefen von Tivolifoto vorgedrungen und habt sogar die Osterhofener Zeitung gelesen. Es freut mich besonders, dass Euch dieser Artikel gefällt. Herzlichen Dank, Josef

      • Dein Blog, Deine Berichte und Deine Bilder sind so gut und wertvoll, daß wir über kurz oder lang alle ansehen werden – jedesmal mit Muße und Ruhe, denn das haben sie bzw. Du verdient.
        Es grüßen herzlich Stephan und Lucie

        • Danke für diese Übertreibung. Statistisch gesehen sind es gegenwärtig 53 Artikel und 19 Seiten. Da könnte man doch flott drübersurfen. Immer denke ich, dass der neuste Artikel der beste ist. Aber dann treibt es mich schnell oder wie zurzeit langsam wieder weiter.

  3. Hallo Sepp, wir haben heute deinen Bericht in der Osterhofener Zeitung gelesen. Sehr interessant und arbeitsaufwendig. Mach nur so weiter. Sepp, Agnes, Lisa Maria, Gertrud, Veronika, Simone und Roman

    • Meine Lieben, ich freue mich sehr über Euren Kommentar, muss aber richtig stellen, dass es nicht mein Bericht ist, sondern ein Artikel der Osterhofener Zeitung vom 11. Oktober 2012. Ich war überrascht, als die Leiterin der Lokalredaktion nach einem Gespräch fragte. Da Mama und ich das jeden Montag fast im Vorbeigehen machen können, ist es schnell dazu gekommen. Dann war ich gespannt und hatte ein wenig Angst, was die Zeitung schreiben wird. Frau Schwarzbözl machte das aber in einer so hervorragenden Weise, dass ich jetzt fast ein Problem habe, wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen. Für mich ist heute ein Festtag der Ottmaringer, der Verwandten, Freunde und Bekannten sowie aller Menschen, die uns mögen und die meine Mutter besuchen, so wie Ihr. Herzliche Grüße, Sepp

  4. Lieber Herr Wagner,
    ich durfte ihre Frau Mutter kennenlernen als ich im St. Antonius Altenheim bis August gearbeitet habe. Dort war ich Nachtschwester und bin immer gerne mit Frau Wagner in Kontakt getreten, die ich als humorvolle und sehr freundliche Bewohnerin in Erinnerung habe.
    Ihr Buch habe ich dort gelesen und habe es sehr bewundert. Ich wünsche ihrer Mutter und ihnen alles Gute und Gesundheit für die Zukunft.

    • Liebe Frau Spiethaler, herzlichen Dank für den freundlichen Kommentar, die Arbeit, den Kontakt und die Wünsche. Mittlerweile sind aus meiner Idee 46 Fotobücher oder Internet-Artikel geworden. Wenn Sie mir über das nicht öffentliche Feld in der Kontakt-Seite eine Postanschrift senden, schenke ich Ihnen gerne einen von Ihnen ausgewählten Titel.

  5. Im Internet können alle alles und so viel sie wollen schreiben und herzeigen. So werden zwangsläufig riesige Wissens- und Abfallberge erzeugt. „Das Internet ist ein großer Misthaufen, in dem man allerdings auch kleine Schätze und Perlen finden kann“, sagte Joseph Weizenbaum. Man kann ergänzen, dass diese nicht für alle gleich interessant oder wertvoll sind. Es freut mich besonders, wenn diese persönliche Fotosammlung mit Freundlichkeit und Wohlwollen betrachtet wird.

  6. Jetzt habe ich gerade Deinen Bericht gelesen und Deine Bilder gesehen.
    Es ist alles sehr interessant, weil man ja jeden Menschen und jedes Haus
    kennt. Es erstaunt mich immer wieder, was man mit dem Internet alles machen kann.

Einladung zu Kommentaren und Grüßen

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